Artikel zum Thema: Privatentnahme

Steuerklausel als rückwirkende Gestaltungsmöglichkeit zur Steuervermeidung

Oktober 2005

Die zunehmende Komplexität des Steuerrechtes führt dazu, dass bei einer Vertragsgestaltung die steuerlichen Folgen oft nicht mit Sicherheit feststellbar sind, zumal die Finanzbehörde i.d.R. nicht bereit ist, sich diesbezüglich festzulegen. Steuerklauseln können dieser Rechtsunsicherheit vorbeugenund vor nicht gewollten Steuerfolgen schützen.

:: Rechtsgrundlagen

Gem. § 295a BAO kann ein Bescheid auf Antrag der Partei oder von Amts wegen insoweit abgeändert werden, als ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruches hat.
Mit Wirkung ab 20. Dezember 2003 besteht somit ein Verfahrenstitel zur Rechtskraftdurchbrechung eines Bescheides. Das Gesetz stellt das Prinzip der materiellen Rechtsrichtigkeit über jenes der formellen Rechtssicherheit.

:: Steuerklausel

Sie ist eine unechte (auf vergangene/gegenwärtige Umstände abgestellte) auflösende Bedingung in einem zivilrechtlichen Vertrag, die dessen Gültigkeit davon abhängig macht, dass die steuerlichen Folgen, von denen die Parteien ausgehen, mit der Steuerfestsetzung durch das Finanzamt identisch sind.
Voraussetzungen für die rückwirkende Abgabenwirksamkeit sind:

  • Die Bedingung (Steuerklausel) muss von den Vertragsparteien beachtet und in die Tat umgesetzt werden (Rückabwicklung des Vertrages).
  • Die Parteien haben einen schriftlichen Antrag auf Abänderung des Bescheides an das Finanzamt zu stellen.

:: Beispiele für Steuerklauseln

  • Veräußerungsgeschäft
    Bleibt die Frage offen, ob das Finanzamt den begünstigten Steuersatz gewährt oder nicht, besteht die Möglichkeit mittels entsprechender Steuerklausel das Steuerrisiko zu beseitigen. Wendet das Finanzamt den vollen Steuersatz an, ermöglicht nunmehr ein Antrag gem. § 295a BAO die Rückgängigmachung der Steuerschuld.
  • Verdeckte Gewinnausschüttung
    Besteht das redliche Bemühen um einen äquivalenten Leistungsaustausch zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter, so kann im Falle einer sich nachträglich herausstellenden Unangemessenheit von Leistung und Gegenleistung unter Berufung auf § 295a BAO eine Rückabwicklung der Steuerpflicht mittels Steuerklausel vermieden werden.

:: Rückwirkende Ereignisse gem. § 295aBAO

  • Nachträgliche Besteuerung im Ausland bzw. Entrichtung ausländischer Quellensteuern, die auf die österreichische Steuer anrechenbar sind.
  • Nachträglicher Kostenersatz in Folgejahren (z.B. geltend gemachte außergewöhnliche Belastung infolge Heilbehandlung) führt zur Bescheidänderung von Amts wegen.
  • Rechtsgeschäfte sind z.B. wegen List, Irrtum oder Furcht anfechtbar. Ist die Anfechtung gebührenrechtlich beachtlich, steht zur Abänderung des Gebührenbescheides nunmehr § 295a BAO zur Verfügung.
  • Steuerbegünstigte Betriebsaufgabe gem. § 24 Abs. 6 EStG: Liegen die Voraussetzungen für die Halbsatzbesteuerung bei der Privatentnahme eines Betriebsgrundstückes vor, kann es bei einer nachfolgenden Veräußerung des Grundstückes oder der Wiederaufnahme einer schädlichen Erwerbstätigkeit zum Verlust dieser Begünstigung kommen. Wird das Grundstück nämlich innerhalb von fünf Jahren nach Betriebsaufgabe veräußert, handelt es sich gem. § 24 Abs. 6 Z 3 EStG um ein rückwirkendes Ereignis gem. § 295a BAO und somit um den Verlust der Halbsatzbegünstigung. Ein verfahrensrechtliches Problem ergibt sich bei der Aufnahme einer begünstigungsschädlichen Erwerbstätigkeit. Laut Rz 7322 EStR 2000 gilt eine Frist von einem Jahr. Seit Einführung des § 295a BAO gilt aber für ein rückwirkendes Ereignis - und um ein solches handelt es sich unweigerlich - die zehnjährige Verjährungsfrist. Zur bestehenden Rechtsunsicherheit ist folgendes zu vermerken. Im Verfahren beim Finanzamt wird voraussichtlich weiterhin die Einjahresfrist zur Anwendung gelangen, da die Richtlinien eine interne Weisung darstellen, aber keine Gesetzeskraft haben. Vor einem UFS oder den Höchstgerichten wird die Richtlinienregelung aber keine Chance haben. Hier wird § 295a BAO zur Anwendung gelangen.

:: Keine rückwirkenden Ereignisse sind

  • Änderung der Rechtsprechung.
  • Rückwirkende Änderung steuerrechtlicher Vorschriften. Für diesen Fall sind die §§ 299 ff (Aufhebung des Bescheides), 303 ff (Wiederaufnahme des Verfahrens) und 295 (Änderung des Bescheides) BAO zuständig (Hinweis auf Anfragebeantwortung des BMF vom 12. Jänner 2005).
  • Rückwirkend in Kraft gesetzte Doppelbesteuerungsabkommen.

:: Verfahrensrecht

  • Die Abänderung kann von Amts wegen oder auf schriftlichen Antrag der Parteien erfolgen. Der Abänderungsantrag vermittelt aber keinen Anspruch auf Aussetzung der Einhebung.
  • Der Antrag ist nicht befristet und unterliegt der Entscheidungspflicht mittels Bescheid im Rahmen des Ermessens der Abgabenbehörde, wobei dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (gleichmäßige Besteuerung) der Vorrang vor Rechtsbeständigkeit einzuräumen ist.
  • Wenn Verjährung eingetreten ist, ist keine meritorische Erledigung des Antrages mehr möglich. Die Verjährung beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem das Ereignis eingetreten ist. Abänderungen sind daher auch dann noch zulässig, wenn die vom Jahr des Entstehens des Abgabenanspruches abgeleitete Bemessungsverjährungsfrist von fünf Jahren bereits abgelaufen ist, aber die absolute Verjährung gem. § 209 Abs. 3 BAO (10 Jahre ab Entstehen des Abgabenanspruches) noch nicht eingetreten ist.
  • Wie eingangs erwähnt, ist § 295a BAO am 20. Dezember 2003 in Kraft getreten. Als Verfahrensvorschrift ist diese Bestimmung aber auchdann anzuwenden, wenn der betreffende Bescheid vor In-Kraft-Treten ergangen,oder das Ereignis eingetreten ist.

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